Vereinbarkeit Familie & Beruf

Denise – Leiterin einer Wohngruppe für Kinder mit Behinderung

Denise ist Heilerziehungspflegerin und Leitende Fachkraft in einer Wohnstätte für Kinder und Jugendliche mit Taubblindheit und Hör-Seh-Beeinträchtigung. Hier erzählt die Mutter von 3 Kindern, wie sie ihren Alltag im Schichtdienst meistert.

  • Frage 1: Was sind deine Aufgaben hier im Oberlinhaus?

    Also, angefangen habe ich hier als Heilerziehungspflegerin. Wir kürzen das hier immer mit ‚HEP‘ ab. Den Beruf zu erlernen, war damals eine bewusste Entscheidung: Ich hatte schon immer den Drang, Gutes für Menschen tun zu können. In meiner Ausbildung konnte ich dann z.B. lernen, Menschen mit schweren Behinderungen zu pflegen, ihnen zu assistieren und sie zu fördern, damit sie trotz ihrer manchmal zahlreichen Beeinträchtigungen am Alltagsleben teilhaben können. Und letztendlich schaffe ich den Kindern auch ein warmherziges zu Hause.

    Und hier im Oberlinhaus konnte ich diese Ausbildung dann perfekt nutzen und das tun, was HEPs halt tun: Ich entwickele z.B. Konzepte, um die Motorik unserer Kinder und Jugendlichen anzuregen, ich fördere sie dazu sprachlich, geistig und - ganz, ganz wichtig – kreativ: Ich mache mit ihnen Musik und schule damit ihr Gefühl für Töne und Rhythmus; ich übe mit ihnen Sprichwörter oder sogar Gedichte und verbessere damit ihre sprachlichen Fähigkeiten.

    Seit mehreren Jahren bin ich nun Leitende Fachkraft mit einem Team aus 8 Mitarbeitenden. Ich moderiere unsere Teamsitzungen, schreibe Dienstpläne und führe Entwicklungsgespräche mit den Eltern unserer kleinen Klienten usw. Aber nach wie vor liebe ich den täglichen Kontakt zu unseren kleinen Bewohnern.

  • Frage 2: Was ist das Besondere an deiner Arbeit im Oberlinhaus?

    … dass ich bis heute nicht bereue, damals vor 15 Jahren hier angefangen zu haben. Ich liebe es, mit allen Sinnen zu arbeiten und eben das, was ich hier täglich machen und erleben darf:

    Vor Jahren kam zum Beispiel die kleine Rubi* zu uns. Mit ihren knapp zwei Jahren konnte sie auf dem Rücken liegen, atmen, die Augen auf- und zumachen. Sonst nix! Keine Mimik, keinerlei Laute, keine Bewegungen. Dank Physio-, Ergo- und Logopädie schafften wir es, dass sie mit drei Jahren im Rollstuhl sitzen und sprechen konnte. In der Fachsprache heißt das ‚sinnesspezifische Förderung‘, die wir übrigens exakt auf jedes einzelne unserer Kinder ausrichten.

    Mittlerweile nimmt Rubi die Umwelt super wahr, kommuniziert fröhlich wie jedes Kind in ihrem Alter, besucht die Oberlinschule und hat dort viele Freunde. Ich denke oft daran, wie mein Team da alle Register gezogen hat, um sowas Wunderbares möglich zu machen. Und als Mutter von drei Kindern rührt mich das nach wie vor auch persönlich.

    *Rubi heißt in Wirklichkeit anders.

  • Frage 3: Drei Kinder? Sind feste Arbeitszeiten da überhaupt möglich?

    Naja, ich bin ja nicht nur Mutter von drei Kindern, sondern auch alleinerziehend. Weil meine Kinder abwechselnd wochenweise bei mir und beim Vater wohnen, betreue ich sie jede zweite Woche allein. Feste Arbeitszeiten, von denen man nicht abweichen kann, wären so gar nicht möglich.

    In der Woche, in der die Kinder bei mir sind, trage ich mich für den Frühdienst ein, arbeite von 7 bis 14 Uhr und übernehme dabei meist den Bürodienst. So kann ich mich nachmittags voll und ganz meinen Kindern widmen und die Zeit mit ihnen genießen

    In der Woche, in der meine Kinder nicht da sind, arbeite ich in der Spätschicht von 14 bis 22 Uhr und mache außerdem die Wochenend-Schichten. Das ist ideal, um vormittags auch mal private Termine wie Arzt- oder Friseurbesuche wahrzunehmen. Und wenn ich Kollegen wegen Krankheit, Urlauben o.ä. doch mal außerplanmäßig vertrete, dann unterstützen mich Familie und Freunde. Dafür bin ich mega-dankbar.

  • Frage 4: Wie ist denn die Schichtarbeit bei euch geregelt?

    Die Pläne legen wir immer für einen langen Zeitraum gemeinsam in der Teamsitzung fest. Das hat echt Vorteile: So entsteht für alle fast immer sowas wie ein Wunschdienstplan. Mit dem legen wir Schichten nämlich so, dass wir die persönlichen Bedürfnisse aller im Team berücksichtigen können. Das ist natürlich – Stichwort ‚Work-Life-Balance‘ – auch für unsere junge Kollegen wichtig, die noch keine eigene Familie haben. Aber auch kurzfristig tauschen wir mitunter Schichten, wenn sich die Notwendigkeit ergibt.

    Ansonsten achten wir sehr darauf, dass unsere Dienstzeiten konstant bleiben. ‚Unseren‘ Kindern und Jugendlichen hier in der Wohnstätte ist das nämlich sehr wichtig. Die regelmäßigen Abläufe und vertraute Personen geben ihnen Struktur und Orientierung, die sie ohne Sinneswahrnehmungen über Augen und Ohren nicht erfahren können.

  • Frage 5: Wie sehen deine beruflichen Perspektiven aus?

    Was noch kommt, weiß ich nicht. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das auch innerhalb des Oberlinhaus passiert. Mir ist in jedem Fall wichtig, das gute Gefühl, beizubehalten, mit dem ich jeden Tag zur Arbeit gehe. Ich bin froh, Verantwortung zu haben, gleichzeitig immer noch mit den kleinen Bewohnern arbeiten zu dürfen und trotzdem genügend Zeit für meine Familie zu haben.

    Ich bin glücklich, das Vertrauen, das ‚unsere‘ Kinder zu mir aufbauen, wahrnehmen zu können, oder dass Mädchen wie ‚unsere‘ Rubi zu Kindern werden, die ihr Leben lieben. Ich sag‘ immer, in meinem Beruf sieht man nur mit dem Herzen gut. Und ich denke, darin bin ich ganz gut.

    Ich mag meinen Job. So wie er jetzt ist, kann er eigentlich bleiben.

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